Wegbegleiter im Einsatz – Interview mit Fachbereichsleiter Ulf Fink

16.10.2019 CJD BBW Gera « zur Übersicht

Ulf Fink ist Fachbereichsleiter für Gesundheit und Rehabilitation im CJD BBW Gera. Mit welchen Aufgaben und Herausforderungen hat er es tagtäglich zu tun? Und wie ist es möglich, gleichzeitig die Erwartungen der Auszubildenden, der Bundesagentur für Arbeit und der Betriebe zu erfüllen? In einem Interview gibt Ulf Fink Antworten auf Fragen wie diese. Außerdem verrät er, warum er so gerne im CJD arbeitet und was das Besondere am Berufsbildungswerk ist.

Herr Fink, Sie arbeiten schon seit über 30 Jahren im CJD. Was macht das CJD so besonders?

Es stimmt, dass ich schon sehr lange im CJD arbeite. Ich hatte die tolle Möglichkeit, an verschiedenen Standorten und in unterschiedlichsten Aufgabenfeldern zu arbeiten. Im Rahmen dieser Tätigkeitsbereiche konnte ich zum einen die Arbeitsschwerpunkte des CJD und der lokalen Einrichtungen kennenlernen und zum anderen vor Ort auch mitgestalten. Das ist ein mir wichtiger Punkt, der das CJD so besonders macht.

Mir wurden nicht nur Aufgaben übertragen, sondern auch immer Vertrauen geschenkt und so konnte ich mit vielen tollen Kollegen so einiges im CJD bewegen.

Aber besonders der Leitsatz des CJD „Keiner darf verloren gehen“ war mir immer wichtig. Jungen Menschen Perspektiven auf ihren eigenen Platz im Leben zu ermöglichen, ist einfach toll. Bereits seit über siebzig Jahren setzt das CJD diesen Leitgedanken an allen Standorten um und das macht dieses Unternehmen unter anderem so besonders für mich.

Sie sind als Fachbereichsleiter Gesundheit und Rehabilitation bei uns tätig. Was kann man sich darunter vorstellen?

In meiner Aufgabenbeschreibung steht unter anderem, dass ich bei der Organisation und der sachgerechten Ausführung aller anfallenden Aufgaben und deren umfassender Koordination in meinem Fachbereich mitwirke.

Gemeinsam mit meinen Kollegen und Mitarbeitenden stelle ich sicher, dass wir unseren Auftrag erfüllen und alles Notwendige zur Verfügung stellen, damit junge Menschen im CJD BBW Gera ihre Ziele erreichen können.

Dazu gehört neben einer guten Ausstattung der Räumlichkeiten in allen Bereichen – nicht nur in der Ausbildung, sondern auch im Bereich Wohnen und Freizeit – natürlich auch die entsprechende fachliche und menschliche Begleitung und Versorgung. Dies abzusichern und weiter zu entwickeln, gehört mit zu meinen Hauptaufgaben als Fachbereichsleiter.

Im CJD BBW Gera bereiten sich junge Menschen auf das Arbeitsleben vor. Was verstehen Sie unter einer modernen Ausbildung?


Moderne Ausbildung bedeutet für mich, dass wir unseren jungen Auszubildenden ein gutes Fundament für ihre berufliche Zukunft mitgeben. Neben einer technisch guten Ausstattung und motivierten Ausbildern, ist die Praxisnähe Grundlage für eine gute und moderne Ausbildung.

Mit der verzahnten Ausbildung mit Berufsbildungswerken sind wir mit Betrieben vernetzt und ermöglichen unseren Auszubildenden das „Lernen“ im Betrieb. So eröffnen sich jungen Menschen Perspektiven des Berufsalltags und die Betriebe haben die Möglichkeit, potentielle Mitarbeiter schon frühzeitig kennenzulernen.

Was ist an einer Ausbildung im CJD BBW Gera anders als in einem Betrieb?

Die Poetry-Slammerin Julia Engelmann sagt, dass anders eine Variante von richtig sei. Und so ist das mit unserer Ausbildung im Berufsbildungswerk. Für alle Ausbildungsbetriebe – also auch uns – gibt es klare Vorgaben und Richtlinien zur Durchführung der Ausbildungen. Diese sind in den entsprechenden Gesetzen und Regelungen der zuständigen Kammern eindeutig geregelt und müssen und werden entsprechend eingehalten. Auch alle Prüfungen sind einheitlich geregelt.

Was uns besonders macht, sind kleine Ausbildungsgruppen mit viel individueller Unterstützung. Unsere eigene Förderberufsschule übernimmt den theoretischen Teil der dualen Ausbildung. Daneben unterstützen und stabilisieren unsere Stütz- und Förderunterweiser den Lernerfolg. Das heißt, es findet alles an einem Ort mit kurzen Wegen statt.

Ausbildungen in Betrieben finden auch immer unter produktiven Gesichtspunkten statt. Und so werden dort oft nur firmennotwendige Inhalte vermittelt. Bei uns im Berufsbildungswerk werden hingegen alle ausbildungsrelevanten Inhalte vermittelt. Somit sind die Voraussetzungen gegeben, den Anforderungen der Arbeitswelt gewachsen zu sein.

Das CJD BBW Gera steht für Führung auf Augenhöhe und Transparenz. Können Sie das genauer erklären?

Ein Berufsbildungswerk ist ein mittelständisches Unternehmen und muss dementsprechend geführt werden. Als Dienststellenleitung ist es unsere Aufgabe, alle Prozesse im Haus so zu steuern, dass wir unseren Auftrag der Begleitung und Unterstützung junger Menschen erfolgreich erfüllen.

Dazu gehört es, alle notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, notwendige Investitionen abzusichern und die Abläufe zielorientiert zu steuern. Die notwendigen Inhalte werden mit den jeweiligen Verantwortlichen in enger Absprache abgestimmt.

Augenhöhe bedeutet für mich, dass zum einen bekannt ist, welche besonderen Herausforderungen vor uns liegen und zum anderen, dass mitwirkende Kollegen in die Planungen mit einbezogen sind und so die Zielerreichung gemeinsam geplant wird.

Was sich hier vielleicht einfach anhört, bedeutet im Alltag viel Planungs- und Abstimmungsarbeit.

Was sind die Erwartungen der heutigen Auszubildenden, der relevanten Marktakteure und der Gesellschaft an ein Unternehmen wie das CJD BBW Gera?

Die Antwort auf diese Frage würde ein Buch ergeben. Aber kurz und knapp: Die Auszubildenden erwarten die notwendige Unterstützung und Begleitung zur Erreichung ihres Ausbildungszieles und Hilfestellung beim Start in die erste Beschäftigung. Und das stellen wir sicher.

Unser Auftraggeber ist die die Bundesagentur für Arbeit. Sie erwartet ebenfalls eine hohe erfolgreiche Durchführung der Ausbildung mit entsprechend guten Prüfungsergebnissen, wenigen Ausbildungsabbrüchen und nachhaltige Integration in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Diese Erwartungen erfüllen wir.

Die Firmen und Betriebe erwarten hochqualifizierte und motivierte neue Mitarbeitende, die möglichst reibungslos in die betrieblichen Abläufe integriert werden können. Dank guter Vorbereitung unserer Azubis ist dies möglich.

Eltern und Sorgeberechtigte erwarten im Ergebnis die Summe aller oben genannten Punkte und zudem, dass die jungen Menschen alles „erlernen“, um ihr Leben selbständig und zufrieden bewältigen können. Die Grundlagen dazu vermitteln wir auf jeden Fall.

Die in uns gesteckten Erwartungen sind also doch recht hoch und ich bin stolz sagen zu können, dass wir diese Erwartungen in der Regel auch erfüllen.

Herr Fink, nehmen wir mal an, das Geld spielt keine Rolle. Was würden Sie ändern, wenn Sie die Berufsvorbereitung und Ausbildung gestalten könnten wie sie wollten?

Das ist einfach zu beantworten. Ich würde in allen Bereichen meines Fachbereiches – also Berufsvorbereitung, Ausbildung und Wohnen und Freizeit – alle lange gehegten Wünsche nach Ausstattung, Sanierung, Fortbildung, Flexibilisierung und Modernisierung erfüllen.

Zudem würde ich neue Ausbildungsbereiche „bauen“, um unser Ausbildungsangebot zu erweitern, zu modernisieren und somit die Attraktivität unseres Berufsbildungswerkes zu erhöhen.

Aber auf der anderen Seite sind wir bereits heute auf einem guten Weg, diese Wünsche mit unseren eignen Mitteln und Möglichkeiten umzusetzen. Als eher ungeduldiger Mensch kann ich da nur anmerken, dass es für mich zu lange dauert. Aber es wird.

Werfen wir mal einen Blick in die Zukunft. Wie werden junge Menschen in einigen Jahren ihre Ausbildung im CJD BBW Gera absolvieren? Was wird sich ändern?

Wenn ich das nur wüsste, dann könnten wir noch sicherer die Zukunft des CJD BBW Gera planen und ich die richtigen Weichen stellen.

Überall wird von Digitalisierung gesprochen, natürlich auch bei uns. In der Realität sieht es jedoch so aus, dass es nicht darum geht, Tätigkeiten durch digitale Anwendungen zu ersetzen, sondern als Unterstützung in den Ausbildungsablauf einzubeziehen. Das beginnt bei Lernmedien zur Vermittlung der Ausbildungsinhalte, geht über die Nutzung von Datenbanken (Rezepte, Formeln, Anwendungen) und vieles mehr. Und da ist alles möglich.

Sicher ist aber, dass die Vermittlung von „analogen“ Ausbildungsinhalten auch in Zukunft noch immer wesentlicher Ausbildungsinhalt sein wird.

Mir ist wichtig, dass wir Entwicklungen und Anforderungen des Ausbildungsmarktes im Auge haben und gemeinsam mit unseren Partnern unser Haus weiterentwickeln, um auch in Zukunft attraktive Angebote vorhalten zu können.

Die UN-Konvention und das Ziel der Inklusion ist für das CJD BBW Gera eine permanente Herausforderung und Verpflichtung. Wie entwickeln Sie gemeinsam mit Ihren Kooperationspartnern marktfähige Lösungen?

Wenn man die UN-Konvention genau betrachtet, geht es letztendlich darum, allen Menschen die Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen.

Und das ist etwas, was wir hier im CJD BBW Gera von Beginn an umsetzen. Wir unterstützen unsere jungen Menschen dahingehend, dass sie ihre gesteckten Ziele erreichen. Dazu gehört ja nicht nur das erfolgreiche Bestehen der Abschlussprüfung, sondern zur Bewältigung des selbstbestimmten Lebens gehört ja viel mehr. Unser Auftrag ist es, neben Ausbildung, Berufsschule und Wohnen, die Persönlichkeitsbildung so zu unterstützen, dass die Teilhabe in allen Lebensbereichen möglich gemacht wird.

Aber der Platz hier reicht nicht aus, all dies genau zu beschreiben. Wer Fragen hat, kann sich ja direkt mit mir in Verbindung setzen: ulf.finknospam@cjd.de.

Sie sind auch für den wirtschaftlichen Erfolg Ihres Fachbereichs verantwortlich. Was bedeutet das genau?

Zum einen, dass wir eine gute Belegung haben und somit unseren Mitarbeitern einen zukunftssicheren Arbeitsbereich bieten können und zum anderen, dass wir die Möglichkeit haben, unser Berufsbildungswerk zu erhalten und weiter zu entwickeln. Wir wollen für junge Menschen attraktiv bleiben, damit sie sich für uns entscheiden.

In einem Satz: Wenn die jungen Menschen gerne zu uns kommen, erfolgreich ihre Ziele erreichen und ihr Leben selbstbestimmt gestalten, dann ist das aus meiner Sicht ein großer wirtschaftlicher Erfolg für die jungen Menschen und natürlich auch für unsere Gesellschaft.

Aber die Frage zielt ja eher auf betriebswirtschaftliche Aspekte ab. Und da ist es für mich wichtig, dass wir wie oben beschrieben eine auskömmliche Belegung bekommen. Dies gelingt nur, wenn die Verantwortlichen der Bundesagentur für Arbeit von unserem Angebot überzeugt sind. Unser Angebot gilt es immer so zu gestalten, dass wir helfen, den Fachkräftebedarf durch gut ausgebildete Absolventen abzudecken.

Ebenso bedeutsam ist es, die Planungen so vorzunehmen, dass sie entsprechend umgesetzt werden können. Unser Team ist gut aufgestellt und sichert unsere wirtschaftlichen Verfahren umfassend ab.

Welche beruflichen Ziele haben Sie sich gesteckt?

Für meine berufliche Zukunft ist mir wichtig, dass es mir in Zusammenarbeit mit meinen Kollegen gelingt, unser Berufsbildungswerk als wichtigen Bestandteil der beruflichen Erstausbildung von jungen Menschen mit Behinderungserfahrungen in der Region nachhaltig zu positionieren.

Dazu gehört es auch, unsere Angebote der Nachfrage des Beschäftigungsmarktes entsprechend anzupassen und weiter zu entwickeln. Ebenso ist es wichtig, unser Berufsportfolio so zu entwickeln, dass wir mit unserem Ausbildungsangebot den Anforderungen eines modernen Ausbildungsmarktes gerecht werden.

Aber besonders wichtig für mich und Ziel von mir ist es, dass die jungen Menschen gerne zu uns kommen, um ihre Ausbildung oder Berufswahlentscheidung zu absolvieren, dass wir ihnen alle notwendigen Unterstützungsangebote zukommen lassen können und dass wir ihren „Lebensraum“ so gestalten, dass sie ihren Start in ihr selbstbestimmtes Leben gut vorbereitet meistern können.

Was motiviert Sie?

Auch wenn ich morgens nicht immer gerne aufstehe, gehe ich trotzdem immer gerne arbeiten. Ich freue mich auf die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit meinen Kollegen und gehe auch gerne in den Austausch mit den jungen Menschen hier im CJD BBW Gera.

Auch die Rahmenbedingungen, die wir hier vor Ort haben, sind einfach toll und so macht es auch entsprechend viel Spaß, hier zu arbeiten.

Es gäbe dazu noch viel zu sagen. Auf den Punkt gebracht: Ich arbeite gern hier in Gera und fühle mich zudem rundum wohl.

Privat gefragt - Welchen Traumberuf würden Sie gern erlernen, wenn Sie nochmal die Wahl hätten?

Ach das ist ja eine philosophische Frage. Mein erster Berufswunsch war Werbefotograf und danach kamen sicherlich noch andere Berufsideen in den Sinn.

Letztendlich habe ich eine kaufmännische Ausbildung absolviert und kam danach auf die Idee, einen sozialen Berufsweg einzuschlagen. Und so fing ich im Mai 1983 im CJD Eckernförde als Vorpraktikant an und bin jetzt seit Januar 2016 hier in Gera als Fachbereichsleiter Gesundheit und Rehabilitation tätig.

Ich finde es gut, mir keine Gedanken über andere Berufe machen zu müssen, denn es ist für mich alles gut so, wie es ist.