Von wegen Heimweh! Fragen über Fragen rund um das CJD BBW Gera

20.08.2019 CJD BBW Gera « zur Übersicht

Ein hochgewachsener junger Mann öffnet die Tür zu seiner WG, die er sich mit zwei weiteren Azubis teilt. Er lächelt selbstbewusst in die Runde und zeigt uns die freundlich eingerichtete WG mit dem grandiosen Ausblick ins Grüne. Wenn man Matthis Bräutigam zuhört, wie er ganz locker über das CJD Berufsbildungswerk Gera (CJD BBW Gera) spricht, würde man nicht vermuten, dass er bei seinem Ausbildungsbeginn noch schüchtern und sehr ängstlich war.

Der angehende Produktdesigner wurde während seiner Schulzeit gemobbt, was seinem Selbstbewusstsein einen großen Knacks verpasst hat. Doch der junge Mann hat sich in den vergangenen zwei Jahren im CJD BBW Gera unglaublich entwickelt. Er hat die Schultern gestrafft, an seinen Ängsten gearbeitet, das Vertrauen in sich und Gleichaltrige zurückerobert und der harten Schulzeit von damals Lebewohl gesagt. Immer an seiner Seite das Team vom CJD BBW Gera, das seine Entwicklung mit Stolz verfolgt hat. Da lag es auf der Hand, einmal genauer bei dem Azubi nachzuhaken,  was er von Heimweh hält, ob er Freunde finden konnte und was er so an einem ganz normalen Montag im CJD macht.


Herr Bräutigam, Sie machen eine Ausbildung zum Produktdesigner im Metallbereich. Warum haben Sie sich für diese Ausbildung entschieden? Was hat Sie daran gereizt?


Genauer gesagt heißt mein Ausbildungsberuf „Technischer Produktdesigner, Fachrichtung Maschinen- und Anlagenkonstruktion“. Gerade hat mein 3. Ausbildungsjahr begonnen. Später würde ich gern als Produktdesigner arbeiten, weil ich ein gutes räumliches Denkvermögen habe. Ich möchte aber die Fachrichtung wechseln, da mich die Autobranche doch mehr interessiert.

Wie sind Sie auf das CJD BBW Gera aufmerksam geworden?

Die Agentur für Arbeit hat mir drei Berufsbildungswerke vorgeschlagen. Gera gefiel mir am besten.

Zu Beginn Ihrer Ausbildung waren Sie eher schüchtern. Was hat sich seitdem bei Ihnen verändert?

Ich bin auf jeden Fall aufgeschlossener geworden und habe an Selbstbewusstsein gewonnen. Und ich traue mir definitiv mehr zu, als früher.

Können Sie uns einen ganz gewöhnlichen Montag im CJD BBW Gera beschreiben? Wie sieht Ihr Tagesablauf aus?

Ein ganz normaler Montag sieht so bei mir aus:
6:00 Uhr klingelt mein Wecker. Von 7:00 Uhr bis 15:40 Uhr läuft die Ausbildungszeit. Danach habe ich bis 17:00 Uhr Freizeit und treffe mich gern mit Freunden oder zocke an der Spielekonsole. Von 17:00 Uhr bis 19:00 Uhr steht der Einkauf für die WG auf dem Plan. Danach ist Zeit für Abendessen, Freunde treffen und Freizeit. Zwischen 23:00 Uhr und 24:00 Uhr gehe ich schlafen.

Welche Freizeitangebote nutzen Sie am Nachmittag?


Ich gehe dienstags zur Freizeitgruppe Tischtennis. Ansonsten gehen meine Freunde und ich oft ins Freizeitzentrum, um Billard zu spielen oder etwas zu trinken. Im Sommer wird auch regelmäßig in den Wohnhöfen gegrillt oder man sitzt abends am Lagerfeuer. Es geht ziemlich gesellig bei uns zu.

Wie gehen Sie mit der Sehnsucht nach Ihrer Familie und Ihren Freunden um?


Während meiner BvB-Zeit (Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme) hatte ich großes Heimweh. Mit der Zeit gewöhnt man sich aber daran und findet hier ziemlich schnell neue Freunde.

Was macht Ihnen im Rahmen Ihrer Ausbildung am meisten Spaß?

Der Spaß miteinander ist wirklich nicht zu unterschätzen.

Gestalten Sie als Bewohner und Azubi ihr Leben im CJD BBW Gera mit? Oder genießen Sie eher ein rundum Sorglos-Paket?

Wir können unser Leben im CJD definitiv mitgestalten. Im Verselbständigungswohnen müssen wir uns in der WG oft alleine absprechen, wie zum Beispiel die Abläufe und Aufgabenverteilungen sind. Die Begleiter stehen uns beratend zur Seite und unterstützen uns.

Sie haben erst im Förderwohnen gewohnt, nun leben Sie seit rund einem Jahr im Verselbständigungswohnen. Können Sie uns den Unterschied erklären?

Der größte Unterschied vom Förderwohnen zum Verselbständigungswohnen ist, dass man seinen Alltag selbständiger bewältigt. Beispielsweise kommt im Förderwohnen das Essen aus der Großküche, im Verselbständigungswohnen bekommen die WG-Bewohner ein Budget ausgezahlt und gehen alleine einkaufen. Auch Absprachen in der WG laufen überwiegend selbständig und ohne Vorgaben der Begleiter ab. Im Förderwohnen wurde das noch von den Begleitern organisiert. Dennoch gilt auch für uns dieselbe Internatsordnung.

Wie sieht die Unterstützung vom CJD BBW Gera speziell für Sie aus?

Ich bekomme einmal pro Woche Förderunterricht, um besser in der Ausbildung und Schule zu werden. Daneben erhalte ich Unterstützung bei der Praktikumssuche. Im Internat wurde ich die ersten beiden Jahre im Wohnhof 2 auf ein selbständiges Leben vorbereitet, um im zweiten Ausbildungsjahr ins Verselbständigungswohnen ziehen zu können.

Was waren Ihre größten Herausforderungen in dieser Zeit?


In meiner Zeit vorm CJD war ich ein Opfer von Mobbing. Dementsprechend fiel es mir sehr schwer, Vorträge vor der gesamten Klasse zu halten. Ich musste erstmal wieder lernen, anderen Mitschülern zu vertrauen. Aber das klappte super mit der tollen Unterstützung der Lehrer und meiner Mitschüler. Auch die kleine Klassengröße half mir enorm.

Motivieren Sie sich untereinander oder ist eher Konkurrenzkampf bei den jungen Leuten angesagt?

Das ist unterschiedlich und kommt auf die einzelnen Persönlichkeiten an. Oft motiviert man sich gegenseitig. Beim Sport und gerade bei Wettkämpfen sieht das schon anders aus. Aber da schadet ein bisschen Konkurrenzkampf nicht, finde ich.

Was sind aus Ihrer Sicht die Vorteile des CJD BBW Gera und der Ausbildung, die Sie absolvieren?

Mir gefällt, dass ich hier Unterstützung in der Ausbildung und Schule bekomme. In einer „normalen“ Ausbildung könnte ich es ohne diese Hilfe nicht schaffen.

Was war Ihr persönliches Highlight in der Zeit, in der Sie hier sind?

Mein persönliches Highlight sind die Wohnhoffahrten, die regelmäßig zu günstigen Preisen angeboten werden. Man erlebt ziemlich viel, beispielsweise ein Wochenende in Berlin mit dem Besuch der „Blue Man Group“.

Gibt es schon Pläne für die Zeit nach der Ausbildung? Welche Wünsche haben Sie für Ihre Zukunft?

Ich wünsche mir eine eigene Wohnung, ein Auto und einen guten Job. Ich möchte gern nach Leipzig ziehen, um näher bei meiner Familie zu sein. Und eine eigene Familie wünsche ich mir irgendwann auch. Aber mein größter Wunsch ist eine Weltreise mit einem selbstumgebauten Camper.

Wie würden Sie das CJD BBW Gera auf einer Skala von 1 bis 10 insgesamt bewerten? (1 = sehr schlecht, 10 = absolut empfehlenswert)

Ich gebe dem CJD BBW Gera eine 8. Ich kann es weiterempfehlen.

Welche Tipps haben Sie für andere Azubis?

Jeder sollte seinen eigenen Weg finden und die Unterstützung annehmen, die einem hier geboten wird.

Was könnte das CJD BBW Gera in Zukunft noch besser machen?

Ich habe eigentlich nur einen Verbesserungsvorschlag. Das Auswahlsystem für das Mittagessen sollte geändert werden. Zum Beispiel wäre es schön, wenn wir wöchentlich zwischen den Gerichten auswählen dürften und uns nicht bei der Aufnahme im CJD auf eine Essensrichtung (zum Beispiel Normalkost) festlegen müssten.

Was vermissen Sie, seitdem Sie hier sind?

Ich vermisse eigentlich gar nichts. Ich habe ja alles.